Gen X: unsichtbar, erfolgreich und abgebrüht

Wo immer man heute in die Medien schaut, findet man Stories über alle möglichen Generation: Gen Z, Gen Y Millenials oder Babyboomer. Aber Gen X spielt irgendwie keine Rolle. Gen X ist irgendwie unsichtbar oder wird übersehen. Sie sind die letzte Generation, deren Kindheit komplett analog stattfand. Und sie waren die erste Generation, die das Internet aktiv nutzten.

Gen X - We are okay

Gen X hat seinen Weg gefunden und tut das, was sie immer taten: viel arbeiten, Familien und Freunde in den Mittelpunkt der Freizeit stellen, und das beste aus jeder Situation digital oder analog rausholen. Die Kombination aus Resilienz, Bodenständigkeit und Arbeit in Babyboomer-freien Nischen ist das Geheimnis. Gen X ist okay.

Sozialkompetenz - Analoges Aufwachsen

Gen X ist analog aufgewachsen. Wir spielten im Wald, auf dem Spielplatz und auf Sportplätzen. Regen oder Schnee haben Gen X nicht davon abgehalten stundenlang herumzutoben. Treffpunkte wurden in der Schule vereinbart und jeder kam, wenn er kommen konnte. Termine wurden in Zeiträumen wie Vormittag, Nachmittag oder Abend abgemacht.

Resilienz - Was uns nicht umbringt macht uns härter

Ein geflügeltes Wort aus meiner Jugend war “heul doch”, was bedeutete, dass man es eben ertragen musste. Man ertrug ein aufgeschlagenes Knie, aufgeschürfe Ellenbogen, von Sträuchern zerkratze Arme und dann und wann Platzwunden. Knochbrüche gab es auch und alle Freunde unterschrieben auf dem Gipps-Arm oder Gipps-Bein.

Fleiss - Mr Myagi, Mac Gyver und Rocky Balboa

Filme der 80er und 90er schafften Vorbilder für Gen X. Mac Gyver zeigte mit einem Augenzwinkern, dass Physik und Chemie in brenzligen Situationen weiterhelfen können. Mr Miyagi aus Karate Kid oder Rocky Balboa aus den Rocky Filmen zeigten einer ganzen Generation, dass Erfolg auf hartem Training gepaart mit Durchhaltevermögen basiert: Hard work beats talent when talent doesn’t work hard.

Abgebrühtheit - We are f***ed

Während Kindheit und Jugend von Gen X wurde weltweit fleissig Krieg geführt. Erst Proxy Kriege zwischen dem Osten und dem Westen in unter anderem Afganistan, Angola und Ethopien. Und im Anschluss noch die live im Fernsehen übertragenen Kriege im Irak und Jugoslawien; der häufig vergessene Bürgerkrieg mitten in Europa. Wir Gen X lernten schnell: Krieg gehört dazu und es gibt für Politiker immer einen sinnfreien Grund Krieg zu führen.

Dystopische Kinofilme wie 12 Monkeys, Matrix und Terminator 2 zeigten Gen X ein düsteres Bild der Zukunft. Das Waldsterben, verstrahlte Pilze wegen es explodierten Reaktors in Urkraine und immer neue Bilder von verhungerten Kindern aus Afrika taten ihr übriges, dass Gen X eine Wahrheit verinnerlich hat: We are f***ed.

Ablehnung - Arbeitsmarkt brauchte uns nicht

Gen X betrat einen Arbeitsmarkt, in dem es nur Babyboomer gab. Die Arbeitsloskeit in Deutschland lag bei 8-9%. Anfang der 90er, nach der Wiedervereinigung, strömten nun auch arbeitsloste Ostdeutsche in diesen schwierigen Arbeitsmarkt. Als Generation Praktikum leisteten Gen X über viele Monate unbezahlte Arbeit in Unternehmen in der Hoffnung auf einen Job. Auf Gen X hatte niemand gewartet und niemand brauchte sie. Wir lernten schnell eine Lektion: Life is not fair - get used to it.

Erfindungsreich - Gen X fand Nischen oder einen Zweitjob

Der Einstieg in Arbeitsmarkt war schwierig und der Aufstieg in Unternehmen war unmöglich. Gen X suchte sich Nischen. Alles was mit Internet, Computern und Medien zu tun hatte, wurde zum beliebten Einstiegspunkt für Gen X, weil Babyboomer sich damit sehr schwer taten. Aber auch der Eventbereich bot Möglichkeiten; Techno Raves und Metal Events sei dank.

Gen X macht sein Ding und ist deswegen okay

Der schwierige Einstieg in das Berufsleben hat Gen X gelehrt, dass sie sich selbst helfen müssen. Die Kombination aus in der Kindheit und Jugend aufgebauten Resilienz, Fleiss und Sozialkompetenz waren gute Grundlagen. Was sie geschafft haben, haben sie allein und trotz omnipräsenter Widerstände der Babyboomer im Berufsleben geschafft. Gen X musste lernen sein Ding zu machen und einen Weg zu finden, um voran zu kommen.

Gen X und die Beziehung zu Gen Y Millenials und Gen Z

Als erste Generation in einer Arbeitswelt voller Babyboomer werden die meisten Gen X den Schmerz der Millenials beim Eintritt ins Arbeitsleben und das Infragestellen von Arbeitsmodellen durch Gen Z nachvollziehen können. Gen X stehen den Jungen nicht im Weg und werden sie sicher nicht belehren.

Und was ist mit den Babyboomern?

Aus dem schwelenden Generationenkonflikt, der vor allen Dingen durch die “OK Boomer” Videos zutage getreten ist, hält sich Gen X grossteils raus. Meist weil wir arbeiten, eine Familie haben oder mit Freunden unsere Zeit verbringen. Aber auch weil wir uns daran gewöhnt haben nicht mit, sondern um die Babyboomer herumzuarbeiten.

Wie gehts weiter

Die Babyboomer haben lange Zeit den Arbeitsmarkt dominiert und in Führungspositionen geradezu abgeschottet. Jetzt kurz vor der grossen Rentenwelle ist es zu spät für eine organisierte Übergabe. Es wird ordentlich im Gebälk knrischen, weil die Jungen jetzt einfach ohne grosse Unterstützung ihren Weg finden müssen. Dabei werden definitiv Fehler gemacht werden. Aber das ist okay, denn nur so wird man besser.

Erschwert wird dieser Übergang der Babyboomer zum ganzen Rest an Generationen durch die Umverteilung von Jung zu Alt in Form von immer höheren Rentenbeiträgen, aufgehäuften Schuldenbergen der öffentlichen Hand und in die Zukunft verschobenen Infrastrukturkosten.

“We are f***cked!” passt also immer noch … aber es wird schon irgendwie gut kommen.