Wenn eBook Raubkopien die einfachste Alternative sind
Ich bin zufriedener amazon Kindle Nutzer seit 2010. Amazon hat dieses Jahr den Download Service für gekaufte Kindle eBooks eingestellt. Das bedeutet, dass ich Bücher nicht mehr auf meinen PC herunterladen kann. Alles liegt ab jetzt ausschliesslich bei amazon und kann nur mit Kindle Reader oder Kindle App konsumiert werden. Frei nach dem Motto “you will own nothing and be happy”.
Die Suche nach eBook Alternativen
Da ich kein Freund davon bin, in einem Ökosystem gefangen zu sein, habe ich mich nach Alternativen umgeschaut. Also habe ich fünf meiner Lieblingsbücher genommen und sie bei diversen Online Buchhändlern - und Apple Books - eingegeben. Meine Bücherauswahl war querbeet auf Deutsch und Englisch und durch unterschiedliche Genres.
Alle Anbieter hatten alle meine gesuchten Bücher. Die Preise waren überall höher als bei Amazon, aber damit hatte ich gerechnet. Damit hörten die guten Nachrichten bei eBook Alternativen auf.
DRM Systeme
Ich, als Konsument, denke bei eBooks ans Lesen. Verlage aber denken bei eBooks nur daran wie man eBooks am besten wegschliesst. Das stressfreie Lesen von eBooks ist bei Verlagen nur ein nachgelagerter Gedanke.
Dementsprechend werden die eBooks so stark gesichert, dass ich sie nicht einfach von dem eBook Reader eines Anbieter zu dem eBook Reader eines anderen Anbieters mitnehmen kann.
Das wird mit DRM erreicht: ein digitales Vorhängeschloss. Genauso wie bei Videospielen, Musik oder Videos macht es ein ganz einfaches Medium zu einem ganz komplizierten Medium.
Alternativen: Geschlossene Systeme von anderen Grosskonzernen
Also, wenn ich Amazon mit seinem Kindle Ökosystem dem Rücken kehren will, dann bieten sich mir nur zwei andere Ökosysteme an:
Apple Books
Als erstes wäre da Apple Books von Apple. Für Apple Books muss ich als Eintrittsgebühr ein Apple Gerät, wie z.B. ein iPad, kaufen. Die eBooks liegen dann bei Apple und sind mit ihrem eigenen DRM System geschützt.
Man zieht also von einem amerikanischen Grosskonzern (Amazon) mit rund 2 Billionen USD Marktwert zu einem anderen amerikanischen Grosskonzern (Apple) mit rund 3 Billionen USD Marktwert.
Das macht keinen Sinn und damit ist die Option verworfen.
Adobe DRM - alle Buchhandlungen
Alle grossen Buchhandlungen in der Schweiz nutzen das DRM System von Adobe. Das heisst man braucht eine Adobe-ID um seine Bücher zu transferieren und zu lesen. Das Verleihen von gekauften eBooks innerhalb der Familie, was bei Kindle via Familienbibliothek machbar ist, geht hier gar nicht.
Adobe ist mit seiner eher “kleinen” Markkapitalisierung von 150 Millarden USD eher niedlich gegenüber Amazon oder Apple. Aber auch hier würde ich nur wieder von einem amerikanischen Grosskonzern zu einem anderen amerikanischen Konzern ziehen.
Wenn als Buchhandlungen hier im Land als Grundlage für eBooks ein DRM Ökosystem eines Konzerns nutzen, dann ist diese Option verworfen.
Der einfachste Weg: Raubkopie
Nach dem Blick auf die Alternativen aus Apple und Adobe, habe ich aus professioneller Neugier mit meiner Buchliste bei Piratebay vorbeigeschaut. Vier der fünf Bücher waren zu finden.
Also habe ich den VPN Client angeworfen und die Torrents mit (Linux) Transmission angezapft. Nach rund 10 Sekunden waren die Bücher auf meinem Rechner. Ich habe aus professioneller Paranoidität noch die Dateien untersucht. Das waren die eBooks, die ich wollte, und ich konnte sie am lokalen eBook Reader lesen.
Diese Bücher waren DRM frei. Damit kann man sie auf einem Kindle oder jedem anderen eReader lesen. Die eBook Raubkopie von Piratebay ist also extrem schnell zu haben, extrem portabel und erlaubt mir die Ablage auf meinem PC.
Das ist der Moment, an dem man als alter PC Nerd nur noch hysterisch lachen kann. Es ist dieselbe alte Geschichte, die sich mit jedem digitalisierten Medium der letzten 20 Jahre wiederholt hat. Die Medien werden so stark mit DRM abgesichert, dass der ehrliche Kunde den meisten Aufwand und die Raubkopie zum besseren Erlebnis macht.
Louis Rossmann hatte dazu vor einiger Zeit das schöne Video Why Piracy is totally justified gemacht.
Was ist meine Kindle Alternative
Auch wenn ich die Einfachheit von Piratebay schätze, möchte ich, dass die Autoren Geld für ihre Bücher bekommen. Das ist schliesslich der wichtigste Feedback Loop für Autoren, der ihnen sagt ob ihre Inhalte gut sind. Und nur dann schreiben sie Fortsetzungen.
Nach Sichtung der Alternativen werden ich Kindle und sein geschlossenes Ökosystem bis auf weiteres nicht verlassen. Ich hätte nichts gewonnen.
Aber ähnlich wie bei anderen Medien werde ich jetzt auch bei Büchern wieder mehr “analog” kaufen. Ich werde es genauso machen, wie bei Audio CDs oder Blurays. Gefällt mir etwas so gut, dass ich es ein zweites Mal lesen möchte, wird das Taschenbuch gekauft.
Wenn man es ehrlich durchrechnet, dann sind Taschenbücher sowieso günstiger als eBooks. Ich brauche kein separates Gerät, das alle 5-7 Jahre ersetzt werden muss. Und ich kann Second Hand bei ebay oder auf dem Flohmarkt für den Preis eines Espressos ein Buch bekommen. Oder alternativ für eine kleine Jahresgebühr zur Bibliothek schlappen.
So hatte ich mir die digitale Zukunft nicht vorgestellt.